Über die Unabhängigkeit - Das Adipositas-Paradoxon


Statistik und Logik für Mediziner - Teil 6

Seit Jahren ist in der Medizin immer wieder von Paradoxa die Rede. Man meint damit Studienergebnisse, die unerwartet sind und unerklärlich erscheinen. Das erste, welches mir zu Ohren kam, war das Adipositas-Paradoxon bezüglich der Herzinsuffizienz, bekannt geworden 2007 über die American Heart Association.
Demnach überleben Übergewichtige ein akutes Herzversagen häufiger als Normalgewichtige – und das, obwohl die Adipositas als Bestandteil des metabolischen Syndroms ein etablierter Risikofaktor für die Herzinsuffizienz ist. Wie kann man sich das erklären?
Tatsächlich sind die Merkmale Adipositas und Herzinsuffizienz nicht unabhängig voneinander. Und das sogar in beide Richtungen: Eine schwere Herzinsuffizienz führt zur Kachexie, ein Adipöser wird leichter herzinsuffizient. Um es mit einfachen Worten plastisch darzustellen, wer hier verglichen wird:



Der Normalgewichtige mit einem leichten Herzfehler ist überhaupt nicht herzinsuffizient und kommt in der Statistik daher nicht vor.
Es leuchtet unmittelbar ein, dass unter diesen Umständen der Adipöse die besseren Überlebenschancen hat.
Nun kommt uns das Paradoxon gar nicht mehr so paradox vor.
Und es wird klar, dass der Normalgewichtige keine Verbesserung seiner Chancen erreichen kann, wenn er adipös wird.