Insulinresistenz


Die Insulinresistenz und das hyperglykämische Weltbild

Das Hormon Insulin wurde 1916 entdeckt, erstmals wurde 1922 Insulin bei Diabetes mellitus verabreicht. Dies geschah mit dem Ziel, so die pathologischen Blutzuckerwerte zu senken und das Leben des Betroffenen zu retten (was gelegentlich tatsächlich möglich war). 

Der Diabetes mellitus galt nun als Erkrankung durch Insulinmangel. Die Behandlung erfolgte mit Insulin, bei Typ-II-Diabetes seit 1955 auch oral mit Sulfonylharnstoffen.

 

Erst in der Zeit 1967-1973 wurde es möglich, Insulin im Blut zu messen. Auch die Messung von C-Peptid und deren Bedeutung wurde erkannt. Zum allgemeinen Erstaunen stellte man nun fest, dass Patienten mit Typ-II-Diabetes nicht, wie bisher vermutet, unter einem Insulinmangel leiden, sondern dass im Gegenteil sogar erhöhte Insulinspiegel gefunden wurden. Es wurde auch klar, dass diese Menschen nicht etwa unbrauchbares Insulin bildeten, sondern dass sie ebenfalls auf externes Insulin nicht so stark reagierten wie Patienten mit Typ-I-Diabetes. Die Erklärung lag auf der Hand: Es besteht eine Insulinresistenz!

 

Die Insulinresistenz wurde damals folgendermaßen definiert: „schwere Insulinresistenz“  = Über mehrere Tage sind mehr als 200 I.E. Insulin nötig, um normale Blutzuckerwerte zu erreichen. Seit 1985 wurde der Begriff allgemeiner gefasst und bezeichnete ein vermindertes Ansprechen der Zellen des menschlichen Körpers auf Insulin. Gemessen wurde dieses Ansprechen aber wiederum am Blutzucker.

 

Als genaueste Diagnostik für die Insulinresistenz gilt heute der Clamp-Test: Es wird dabei bestimmt, wie das Verhältnis von zugeführtem Insulin und zugeführter Glucose ist, wenn dadurch ein normaler Blutzucker erreicht wird. So wird die individuelle Insulinsensitivität bestimmt. Auch hier ist also der Blutzucker ausschlaggebend.

 

Gehen wir also im Folgenden von unserer favorisierten Definition von Insulin aus und betrachten die Insulinresistenz bei Typ-B-Diabetikern.

 

„Insulin ist ein körpereigenes Peptidhormon, welches die Aufnahme von Glucose in Körperzellen reguliert. Es verursacht, dass Glukose aus dem Blut in die Leber, die  Muskulatur und das Fettgewebe aufgenommen wird.“

 

Die Aufnahme von Glucose in die peripheren Zellen (wie z.B. in die Muskelzellen) ist offensichtlich nicht gestört, denn es kommt nicht zur Ketoacidose.

 

Wie sieht es mit der Leber aus? Die Leber stellt (neben der Niere) den Kurzzeitspeicher für Glucose dar. Könnte die Leber keine Glucose aufnehmen, so würde auf Dauer auch keine Glukoneogenese mehr möglich sein, und der Körper würde bei längeren Abständen zwischen den Mahlzeiten in eine Ketoacidose geraten. Das ist bei Typ-B-Diabetes nicht der Fall. Ganz im Gegenteil trifft man häufig auf eine nutritive Fettleber mit ungeregelter Glukoneogenese. Das lässt also eher vermuten, dass die Speicherkapazität der Leber überlastet ist und somit die extrazellulär angebotene Glucose nicht in vollständigem Maße aufgenommen werden kann.

 

Als letzter Zelltyp bleibt das Fettgewebe zu untersuchen, also das weiße Speicher- oder Depot-Fett. Ein Mensch mit Typ-B-Diabetes zeichnet  sich aber gerade durch seine Adipositas aus, und die kontinuierliche Gewichtszunahme ist eins der großen Probleme. Auch hier kann also keine grundsätzliche Insulinresistenz vorliegen.

 

Wenn man nun argumentiert, dass die Insulinresistenz bei Typ-B-Diabetes durch die Hyperinsulinämie ausgeglichen wird, so kann man sie nicht gleichzeitig für die erhöhten Blutzuckerwerte verantwortlich machen.

 

à Thema VI - Die Hyperglykämie bei Typ-B-Diabetes

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